SPD Mitte

Kreisdelegiertenversammlung – Digitales Antragsbuch

A-I03/II/2017 Gute Voraussetzungen schaffen für eine wachsende Stadt

AntragstellerInnen:

Kreis Mitte

Die Kreisdelegiertenversammlung möge beschließen:

Gute Voraussetzungen schaffen für eine wachsende Stadt

Berlin ist eine wachsende Stadt. Wir wollen diese wachsende Stadt gestalten. Neben der Riesen-Aufgabe, genügend zusätzlichen Wohnraum für alle Berlinerinnen und Berliner zu bauen, müssen wir auch die Voraussetzungen verbessern, unsere Infrastruktur entsprechend zu gestalten und auszubauen.

Dabei erkennen wir an, dass die Erweiterung der Infrastruktur in vielen Bereichen sehr kurzfristig erfolgen muss. Gerade im Schulbau ist es wichtig, schnell etwas zu verändern. Die hierfür diskutierten und gefunden Lösungen wollen wir nicht verändern. Wir müssen jedoch langfristig eine Perspektive dafür finden, dass die öffentliche Verwaltung wieder selbst in der Lage ist, die öffentliche Infrastruktur zu planen und zu bauen.

Wir fordern

  1. Investitionen in Infrastruktur müssen auch über öffentliche Schulden finanzierbar sein. Eine Übertragung der Aufgabe auf privatrechtlich organisierte Unternehmen muss eine kurzfristige Ausnahme bleiben. Wir setzen uns für die Abschaffung der Schuldenbremse auf Bundesebene ein.
  2. Wir setzen uns für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst ein. Die Arbeitsbedingungen im gesamten öffentlichen Dienst müssen so ausgestaltet werden, dass es möglich ist, ausreichend qualifiziertes Personal für die öffentliche Verwaltung zu finden.
  3. Um Flächen für öffentliche Infrastruktur-Projekte zur Verfügung zu haben, werden wir keine öffentlichen Flächen mehr an private Investoren für Privatprojekte verkaufen, wenn diese für öffentliche Infrastruktur-Projekte geeignet sind. Außerdem werden wir kontinuierlich prüfen, ob es möglich ist, privatisierte Flächen zurückzukaufen, um sie öffentlichen Nutzungen zuzuführen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass es unter bestimmten Umständen leichter wird, private Eigentümer zu enteignen.
  4. Wir bitten den Senat, zu überprüfen, welche aktuell privatrechtlich durchgeführten Aufgaben langfristig wieder direkt vom Staat wahrgenommen werden können. Weitere Organisationsprivatisierungen lehnen wir ab.
Begründung:

Berlin wächst. Die Prognosen deuten klar darauf hin, dass Berlin auch weiterhin einen Bevölkerungszuwachs verzeichnet. Zwar sind Bevölkerungsprognosen immer auch mit einer gewissen Unsicherheit verbunden, jedoch können wir kaum davon ausgehen, dass der Bevölkerungszuwachs abbricht. Wir wollen das auch gar nicht. Denn Berlin wächst, weil es eine attraktive Stadt ist, die trotz aller Unkenrufen viele Leute anzieht. Wenn wir wollen, dass wir auch noch in 10 oder 15 Jahren eine attraktive Stadt sind, dann ist es unabdingbar, dass wir jetzt in unsere Infrastruktur investieren.

Unsere Kitas und insbesondere die Schulen können mit dem Anstieg der Bevölkerungszahlen nicht mithalten. Schon jetzt fehlt es an vielen Stellen an Parametern, die einen qualitativ hochwertigen (Aus-)Bildungsprozess gewährleisten. Neben dem fehlenden Personal und einer flächendeckenden angemessenen Ausstattung sind das v.a. die dringend notwendigen Schulsanierungen und -neubauten. Aber auch unsere Gärten und Parks sind groß, aber werden kaum mit der Bevölkerung “mitwachsen” können. Ausbau und Erhalt von Grün- und Freizeitflächen wird daher umso wichtiger. Auch Gebäude für soziale Projekte, Pflegeheime und vieles weitere wird knapp.

Hierauf müssen wir kurzfristig reagieren. Wir erkennen an, dass auf Landes- und Bezirksebene gerade Lösungen gefunden werden müssen, die es kurzfristig ermöglichen, ausreichend Gebäude – insbesondere für Schulen – zu bauen. Mag eine Übertragung dieser Aufgabe auf eine Tochter der HoWoGe kurzfristig unausweichlich sein, so müssen wir schon jetzt die Weichen dafür stellen, dass solche Konstruktionen keine Dauerlösung werden.

Zu 1.:

Es ist normal und unproblematisch, dass Investitionen in Infrastruktur über Kredite finanziert werden. Das ist sinnvoll, weil ausbleibende Investitionen letztlich für die öffentliche Hand teurer sind als Kreditzahlungen. Die Übertragung der Aufgabe auf Tochtergesellschaften von staatlichen Unternehmen dient u.a. dazu, dass die Kredite nicht in den Haushalten auftauchen. Das ist letztlich eine überflüssige Konstruktion.

Zu 2.:

Aktuell ist die Berliner Verwaltung zum Teil nicht in der Lage, notwendige und finanzierte Vorhaben umzusetzen, weil das dafür notwendige Fachpersonal (insb. Ingenieur*innen und Architekt*innen) fehlt. Sie finden im Bund, in anderen Bundesländern und in der Privatwirtschaft bessere Arbeitsbedingungen. Es ist keine angemessene Reaktion, nun das entsprechende Personal über privatrechtlich organisierte Gesellschaften in öffentlichem Eigentum zu rekrutieren, weil man dann nicht mehr an den Tarifvertrag gebunden ist. Es zeigt vielmehr, dass der Tarifvertrag verbessert werden muss.

 Zu 3.:

Wir haben Bedarf für neue Flächen und Gebäude in fast allen Lebensbereichen. Ob Gebäude für öffentliche Nutzungen oder Erholungsgebäude: wir brauchen Platz. Deshalb müssen wir den öffentlichen Raum halten bzw. Ausbauen und zwar auch dann, wenn wir dann im Einzelfall auf einen kurzfristig hohen Gewinn verzichten müssen.

Zu 4.:

In der öffentlichen Debatte wird Kritiker*innen von Organisationsprivatisierungen oft entgegen gehalten: “Beruhig dich, der Staat bleibt Eigentümer.” Das ist richtig, dennoch ist dieser Vorgang nicht unproblematisch. Warum wird er denn durchgeführt? In der Regel, weil diese privatrechtlich organisierten Akteure nicht den Bindungen unterliegen, denen der Staat unterliegt. Sie können “flexibler agieren” oder “effizienter arbeiten”. Aber wenn die Bindungen des Staates so bremsend wirken, warum schaffen wir sie nicht ganz ab?

Der Grund liegt darin, dass fast alle “bremsenden” Verfahren letztlich der demokratischen Legitimation dienen. Das gilt vor allem für Beteiligungsrechte des Parlaments. Es gilt aber auch für die hierarchische Steuerung der Verwaltung. Die demokratische Legitimierung innerhalb der Verwaltung wird durch klare Weisungsrechte hergestellt. Eine privatrechtlich organisierte Gesellschaft unterliegt jedoch keinem Weisungsrecht ihres Eigentümers, dem Staat. Vielmehr gibt es meistens nur Kontrollrechte, zum Beispiel durch den Aufsichtsrat, die aber nicht so “engmaschig” sind, wie in einer Behörde.

Empfehlung der Antragskommission: Annahme in der Fassung der Antragskommission (Kein Konsens)

Berlin ist eine wachsende Stadt. Wir wollen diese wachsende Stadt gestalten. Neben der Riesen-Aufgabe, genügend zusätzlichen Wohnraum für alle Berlinerinnen und Berliner zu bauen, müssen wir auch die Voraussetzungen verbessern, unsere Infrastruktur entsprechend zu gestalten und auszubauen.
Dabei erkennen wir an, dass die Erweiterung der Infrastruktur in vielen Bereichen sehr kurzfristig erfolgen muss. Gerade im Schulbau ist es wichtig, schnell etwas zu verändern. Die hierfür diskutierten und gefunden Lösungen wollen wir nicht verändern. Wir müssen jedoch langfristig eine Perspektive dafür finden, dass die öffentliche Verwaltung wieder selbst in der Lage ist, die öffentliche Infrastruktur zu planen und zu bauen.
Wir fordern


  1. Investitionen in Infrastruktur müssen auch über öffentliche Schulden finanzierbar sein. Eine Übertragung der Aufgabe auf privatrechtlich organisierte Unternehmen muss eine kurzfristige Ausnahme bleiben. Wir setzen uns für eine Modifizierung der Schuldenbremse auf Bundesebene ein.

  2. Wir setzen uns für die Verbesserung der Organisation und der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst ein. Die Arbeitsbedingungen im gesamten öffentlichen Dienst müssen so ausgestaltet werden, dass es möglich ist, ausreichend qualifiziertes Personal für die öffentliche Verwaltung zu finden.

  3. Um Flächen für öffentliche Infrastruktur-Projekte zur Verfügung zu haben, werden wir keine öffentlichen Flächen mehr an private Investoren für Privatprojekte verkaufen, wenn diese für öffentliche Infrastruktur-Projekte geeignet sind. Außerdem werden wir kontinuierlich prüfen, ob es möglich ist, privatisierte Flächen zurückzukaufen, um sie öffentlichen Nutzungen zuzuführen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass es unter bestimmten Umständen leichter wird, private Eigentümer zu enteignen.

  4. Wir bitten den Senat, zu überprüfen, welche aktuell privatrechtlich durchgeführten Aufgaben langfristig wieder direkt vom Staat wahrgenommen werden können. Weitere Organisationsprivatisierungen lehnen wir ab.

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