SPD Mitte

Kreisdelegiertenversammlung – Digitales Antragsbuch

A15/II/2018 Die Spreemetropole gestalten

AntragstellerInnen:

01/15

Der Landesparteitag möge beschließen:

Die Spreemetropole gestalten

Zur Ausgestaltung der gemeinsamen Spreemetropole durch die beiden Bundesländer Brandenburg und Berlin werden sie sozialdemokratischen Senatsmitglieder und die sozialdemokratische Fraktion im Abgeordnetenhaus aufgefordert, folgende Handlungsempfehlungen umzusetzen:

1. Die Länder Berlin und Brandenburg müssen verbindliche Formen der Zusammenarbeit festlegen, die zu stadtregionalen Strategien für die Entwicklung der gemeinsamen Hauptstadtregion führen.

2. Die Lösung der Wohnungsfrage erfordert mittel- und langfristig eine stadtregional ausgerichtete Siedlungsentwicklung, die das Berliner Umland mit ein bezieht.

3. Eine neue Mobilitätskultur für Berlin und Brandenburg muss über eine strategische Partnerschaft zwischen Berlin, Brandenburg, Bahn, Wissenschaft und Wirtschaft nach Münchner Vorbild geschaffen werden.

4. Schaffung von acht großräumigen Regionalparks im Verflechtungsbereich von Berlin und Berliner Umland als angemessene Antwort auf Verdichtung und Wachstum der Stadt.

Begründung:

Die Entwicklung der Hauptstadtregion – wie überhaupt der Metropolen in Deutschland, Europa und der Welt – wird in den nächsten Jahrzehnten durch zwei Megatrends geprägt: Durch Zuwanderung und durch Digitalisierung. Beide Megatrends durchdringen alle politischen Handlungsfelder der Großstadt.

Zuwanderung bedeutet Wachstum

Seit 2011 wächst Berlin und das Umland in Brandenburg. Mit etwa 60.000 Menschen pro Jahr ist die Spreemetropole auf aktuell 4,5 Millionen Einwohner gewachsen. Insbesondere durch den kontinuierlich wachsenden Tourismus, eine boomende Start-Up-Szene und einen harten Sparkurs in den letzten 15 Jahren konnte Berlin seine Finanzkrise überwinden und Ressourcen für Investitionen und den Abbau seines Schuldenbergs gewinnen.

Angezogen von wirtschaftlicher Prosperität und zukunftsfähigen Arbeitsplätzen suchen vor allem jüngere Menschen ein urbanes und tolerantes Lebensumfeld. Ältere Menschen schätzen die „Stadt der kurzen Wege“ mit Blick auf Nahversorgung und soziale Infrastruktur.

Die digitale Revolution Die Dinge des Alltagslebens werden immer mehr zu einer digitalen Welt verbunden. Die Auswirkungen der digitalen Durchdringung auf das Verhältnis von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft sind noch nicht absehbar. Die in jüngster Zeit zu verzeichnenden technologischen Entwicklungssprünge werden bedeutende Impulse für die Stadtentwicklung auslösen. Schon jetzt ermöglicht das Smartphone die vernetzte Nutzung von Verkehrsangeboten. Andererseits macht das Einkaufen vom Sofa aus dem klassischen Einzelhandel schwer zu schaffen und beschert neue Lieferverkehre.

Beide Megatrends erfordern politisches Handeln. Bezogen auf die Region ist deutlich, dass Berlin und Brandenburg gemeinsame stadtregionale Antworten geben müssen.

Zu 1. : Keine Spreemetropole ohne Brandenburg – die beiden Bundesländer müssen eine Strategie für die gemeinsame Hauptstadtregion forcieren

In wenigen Jahren wird jeder zweite Brandenburger im Berliner Speckgürtel leben, hierbei wächst der Anteil der Auswanderer aus Berlin ins Umland um 10.000 Menschen pro Jahr. Berlin und Brandenburg sind in jeder Kategorie zu einem Raum verflochten, außer in politischer Hinsicht. Die politischen Klassen beider Länder schotten sich bislang hermetisch voneinander ab, Diskurse zur gemeinsamen Region finden viel zu wenig statt.

Die Lösung der Berliner Wohnungs-, Verkehrs- und Grünfrage wird nur durch stadtregionale Strategien möglich sein, die weit über die Berliner Landesgrenze hinausreichen. Die Entleerung der metropolfernen Landstriche wird Brandenburg nur aufhalten können, wenn die Berliner Wachstumsimpulse weit bis in die brandenburgischen Mittelzentren hineingeführt werden.

Die Bildung der Einheitsgemeinde (Groß)-Berlin 1920 war Geburtsstunde für den sozialen Wohnungsbau, den Bau großer Volksparks, den Ausbau eines umfassenden öffentlichen Nahverkehrs und den Sprung aller Stadttechnologien in eine neue metropolitane Dimension. Das 100jährige Jubiläum sollte Anlass für Berlin und Brandenburg sein, zu einer neuen Verantwortungsgemeinschaft in einer gemeinsamen Metropolregion zu finden.

Zu 2.: Die Wohnungsfrage lösen – nur durch gemeinsames Handeln der beiden Länder, der Bezirke und der 55 Umlandgemeinden

Die weiter rasant steigenden Angebotsmieten können nur durch eine kräftige Ausweitung des Wohnungsangebotes gebremst werden. Dass hierbei die Zielmarke Berlins von 400.000 Wohnungen in städtischer Hand in immer weitere Ferne rückt, ist deshalb ein Alarmzeichen. Der Senat rechnet für Berlin derzeit bis 2030 mit einem Zuwachs von nicht mal 200.000 Menschen. Bleibt der Zuwachs auf dem Niveau der letzten Jahre könnten es leicht 400.000 Menschen werden.

Eine stadtregionale Antwort zur Lösung der Wohnungsfrage ist die Einbeziehung des Berliner Umlandes als Teil eines gemeinsamen Wohnungsmarktes. Ein streng am Schienensystem ausgerichteter Städtebau erlaubt perspektivisch eine behutsame Nachverdichtung um 100.000 Wohnungen im Berliner Umland. Gemessen am Bevölkerungswachstum ergibt sich beim Wohnungsneubau arbeitsteilig ein Verhältnis von 80:20 zwischen Berlin und Berliner Umland.

Berlin und Brandenburg müssen den Bezirken und den Umlandgemeinden starke Anreize bieten, über die Landesgrenze hinweg gemeinsam integrierte Stadtentwicklungskonzepte entlang der Schienenachsen des SPNV (sogenannte Achsen-InSEKs) zu entwickeln, die durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die Landkreise und die Gemeinsame Landesplanung flankiert werden.

Der Neustart des kommunalen Wohnungsneubaus und einer Wohnungsbauförderung ist in Berlin eingeleitet. Die Entwicklung neuer Projekte und Quartiere samt sozialer Infrastruktur mit vorbildlicher architektonischer und städtebaulicher Qualität und die konsequente Durchsetzung von einem Drittel geförderter Sozialwohnungen bleibt für Jahrzehnte erstrangige politische Aufgabe. Die städtischen Wohnungsbauunternehmen Berlins und die der Umlandgemeinden sollen hierbei kooperieren.

Zu 3.: Neue Mobilitätskultur entwickeln

Die Verkehrsbedürfnisse in der wachsenden Metropole nehmen zu. Der Autoverkehr mit seiner Luftverschmutzung, Lärmbelästigung und vor allem seinem Flächenverbrauch beeinträchtigt die Lebensqualität in erheblichem Maß.

Eine neue Mobilitätskultur, die dem öffentlichen Personennahverkehr, dem Fahrrad- und Fußverkehr und Sharing-Modellen den Vorrang einräumt, ist überfällig. Wenn es gelingt, das Auto als Verkehrsmittel für den Individualverkehr weitgehend überflüssig zu machen, hilft das dem kleinteiligen Wirtschaftsverkehr, der auf das Auto angewiesen ist.

Die bessere Vernetzung zwischen Berlin und Brandenburg erfordert den entschlossenen Ausbau der Schieneninfrastruktur über die Landesgrenze und die Bestellung weiteren Regionalverkehrs. An den Bahnhöfen erfolgt die Vernetzung mit den anderen Verkehrsträgern.

Nach Münchner Vorbild (strategische Partnerschaft zwischen München, Oberbayern, wissenschaftlichen Instituten, Bahn und BMW) , muss eine strategische Partnerschaft zwischen Berlin und Brandenburg geschaffen werden, die transparent verbindliche Ziele und Meilensteine für eine neue Mobilitätskultur und die Erweiterung der technischen Infrastruktur in der Gesamtregion schafft. Ziel ist ein Modal Split ÖPNV: MIV beim Pendelverkehr über die Landesgrenze von 80:20.

Zu 4.: Freiraum und Stadt - die großräumigen Freiraumstrukturen stärken

Seit der von innen nach außen wandernden Industrie im 19. Jahrhundert über die Wachstumsschübe der Gründerzeit und der Weimarer Republik hat sich eine an den Schienenwegen angelegte, weit ins Berliner Umland reichende sternförmige Stadtstruktur herausgebildet. Dieser sogenannte Siedlungsstern ist die fundamentale Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung der Gesamtregion. Primäres Ziel der gemeinsamen Landesplanung ist hierbei das Freihalten der Achsenzwischenräume von Zersiedelung.

Eine Antwort mit stadtregionaler Dimension auf die sich verdichtende Innere Stadt, die nur mit Brandenburg verwirklicht werden kann, ist die Schaffung acht großer Regionalparks im Verflechtungsbereich zwischen Berlin und Umland, als Grünfächer rund um Berlin. Sie bergen ein erhebliches Potenzial für Naherholung, Wochenendtourismus und erlebbarer Landwirtschaft. Da die Strukturen schon angelegt sind und eine hohe Akzeptanz bei Gemeinden, Bezirken und Landkreisen für Regionalparks vorhanden ist, ist die Finanzierung einer kräftigen Dachstruktur durch die beiden Bundesländer vorrangig. Acht Regionalparks als Bekenntnis der beiden Bundesländer zur gemeinsamen Metropole, als Beitrag, der baulichen Ausdehnung eine wirksame Freiflächenstruktur entgegen zu setzen, wären ein Geschenk von historischer Dimension.

Empfehlung der Antragskommission: Identisch mit Antrag A6/II und mit Beschlussfassung über diesen erledigt

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